
Wenn es um Holz geht, macht Lennart Thamm so schnell keiner was vor; der 31-Jährige wurde von der Handwerkskammer Hannover als bester Meister im Zimmererhandwerk ausgezeichnet.
Meisterfeier 2025Die Besten der Besten Teil II
Hannover.- (ve) Rund 300 Meisterinnen und Meister wurden bei der diesjährigen Meisterfeier der Handwerkskammer Hannover offiziell in den Meisterstand erhoben. Von ihnen haben insgesamt 19 frischgebackene Meisterinnen und Meister als Beste ihres Fachs abgeschlossen. Wir haben einige von ihnen zu ihrem Werdegang gefragt, was ihnen der Meistertitel bedeutet und welche Zukunftspläne sie schon geschmiedet haben.
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Beste Meisterin im Maßschneiderhandwerk
Maßschneidermeisterin Anika Baum, 38 Jahre
Mit einem Paar flache Schuhe habe vor rund 25 Jahren alles angefangen: „Die waren mir zu langweilig, deshalb habe ich sie verschönert“, sagt Anika Baum (38), Maßschneidermeisterin aus Burgdorf. Hier etwas Stoff angenäht, dort eine neue Schnürung, so wurden aus den schlichten Schuhen ruckzuck aufgepimpte Stiefel: „Es musste einfach anders aussehen. Ich wollte herausstechen“, gesteht die junge Frau und lacht. Auf der Meisterfeier im HCC wurde die 38-Jährige als Beste der Besten ihrer Zunft ausgezeichnet.
Inspiration erhielt sie als Jugendliche zum Beispiel aus Musikzeitschriften und von VIVA oder MTV. Wie man mit Nadel und Faden umgeht, lernte sie von ihrer Oma. Auch ihr Abi-Kleid hat Baum selbst genäht. „Dann habe ich mir reinquatschen lassen. Meine Eltern sagten, als Maßschneiderin könne man nichts verdienen“, erinnert sich die Burgdorferin. Sie solle lieber Jura oder Medizin studieren, entschied sich aber für den kaufmännischen Bereich. Baum wurde Handelsassistentin, immerhin bei einem Textildiscounter.
Doch die Arbeit dort machte sie nicht glücklich. Als sie im Jahr 2010 dann ihre Tochter bekam, folgte der große Wendepunkt. Nach der Elternzeit ging es an die Uni, drei Jahre später war Baum staatlich geprüfte Maßschneiderin. Sie arbeitete für ein Label in Hamburg, für ein Label in Hannover, dann kam Corona – und ihr Job war weg. Ihr Ausweg? Der Meistertitel! „Ich hatte zwischenzeitlich auch meinen Sohn bekommen, doch mein Mann und unsere Familie haben mir den Rücken freigehalten. Sonst wäre das nicht gegangen“, sagt die 38-Jährige.
Die Meistervorbereitungskurse zu bestehen, sei nicht immer einfach gewesen. „Ich war zehn Jahre älter als die jüngste Kursteilnehmerin. Die Erfahrung, die ich gesammelt hatte, war aber auch sehr hilfreich.“ Nach bestandener Prüfung entschied Anika Baum sich für ein Gründungscoaching: „Ich habe ein EXIST-Women Stipendium erhalten. Das geht noch bis November.“
Danach möchte die Maßschneidermeisterin ein eigenes Label gründen: Es soll Funky.Fiber heißen und sich um Upcycling drehen, also um die kreative Wiederverwertung von Materialien oder Produkten, die ansonsten auf dem Müll landen würden. Und eines ist schon ganz sicher: Noch einmal reinquatschen lässt sich Anika Baum da mit Sicherheit nicht.
Beste ihres Fachs 2025: Maßschneidermeisterin Anika Baum.
Bester Meister im Zimmererhandwerk
Zimmerermeister Lennart Thamm, 31 Jahre
Sechs Jahre lang hat Lennart Thamm aus Twistringen als Erzieher im Kindergarten gearbeitet. Dann merkte er: „Das ist nicht das Richtige für mich“, sagt der 31-Jährige. Er kündigte kurzerhand und bot sich als Bauhelfer in dem Zimmereibetrieb an, in dem auch sein Bruder Lauritz arbeitete: „Im Nachhinein betrachtet eine goldrichtige Entscheidung.“ Heute ist Thamm Zimmerermeister - und wurde am vergangenen Wochenende zum Besten der Besten seines Gewerks gekürt.
Sein handwerkliches Geschick entdeckte der Twistringer bereits in Kindertagen: „Mein Großvater war selbstständiger Bootsbauer, mit eigener Werkstatt am Wohnhaus.“ Dort verbrachte er zusammen mit Lauritz zahlreiche Ferien- und Nachmittage; wenn der Opa auf die Jungs aufpassen musste. „Er hat uns dann meistens einfach machen lassen“, erinnert sich der Enkel. Seiner Kreativität und seinem handwerklichen Können hat das ganz offensichtlich gutgetan.
Nach einer kurzen Zeit als Bauhelfer durfte Thamm eine Ausbildung in der Zimmerei Landwehr in Ehrenburg beginnen. Der 31-Jährige erinnert sich: „Mein Chef war wirklich immer für mich da - genau wie meine Frau.“ Ohne die beiden wäre er, so sagt er selbst, nicht da, wo er heute ist. „Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.“
Doch natürlich hat auch der 31-Jährige selbst großen Anteil an seinem Erfolg. Besonders gefordert habe ihn das Fach Statik: „Hier muss man wirklich am Ball bleiben, das geht zügig voran – und Lerngruppen helfen.“ Den Praxisteil am Campus der Handwerkskammer in Garbsen habe er dagegen besonders genossen: „Wir haben gemeinsam gefrühstückt, uns zu fachlichen und außerfachlichen Themen ausgetauscht. Das war großartig.“
Und wie geht es nun weiter? „Ich möchte in meinem Betrieb bleiben, weiter Erfahrung sammeln und mit meiner Frau ein Haus bauen. Natürlich aus Holz.“ Die Pläne seien bereits weit fortgeschritten, das Grundstück stehe fest. Und die Statik-Berechnungen? „Die schaffe ich jetzt garantiert – auch ohne Lerngruppe.
Bester seines Fachs 2025: Zimmerermeister Lennart Thamm.
Beste Meisterin im Bäckerhandwerk
Bäckermeisterin Lynn Pommerien, 28 Jahre
Wer Lynn Pommerien aus Hannover fragt, warum sie Bäckermeisterin werden wollte, bekommt eine überraschende Antwort: „Alternativ wäre ich Koch geworden, doch die Arbeitszeiten haben mich abgeschreckt“, erklärt sie. Aber Bäcker müssen doch unmenschlich früh aufstehen? „Stimmt, doch dafür haben sie oft den Nachmittag und Abend frei. Als Koch hingegen arbeitest du, wenn die meisten Menschen Freizeit haben.“
Außerdem war die Arbeitszeit nicht der einzige ausschlaggebende Punkt. Pommerien ist studierte Innenarchitektin, hat jedoch schnell gemerkt: „So viel Zeit im Büro zu verbringen, geht für mich einfach nicht.“ Und da sie mit Mitte 20 weder große Verpflichtungen noch Schulden hatte, fiel ihr die Entscheidung leicht, noch einmal neu anzufangen.
„Und ganz von vorne fing ich ehrlich gesagt auch nicht an. Meine Oma hat schon immer viel Brot und Semmeln gebacken, und ich habe ihr dabei immer gerne geholfen“, wendet die 28-Jährige ein. Sie ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Die Eltern bauten unter anderem Kartoffeln, Zwiebeln und Zuckerrüben an. So kamen Pommerien und ihre beiden jüngeren Brüder früh mit der Lebensmittelproduktion in Kontakt.
Ganz ins Blaue wollte die Innenarchitektin aber nicht noch einmal starten: „Ich habe gekündigt und mehrere Praktika gemacht. Das hat mir unheimlich geholfen.“ Und diese Erfahrungen haben letztlich auch ihr Feuer für das Bäckerhandwerk (neu) entfacht: „Ich hatte Spaß am Arbeiten und war richtig motiviert, mehr über die Zutaten, handwerkliche Techniken und die Produktentwicklung zu lernen“, sagt Pommerien.
Sie entschied sich für ein Triales Studium bei der Handwerkskammer Hannover – eine Kombination aus Ausbildung, Studium und betriebswirtschaftlichem Know-how. Warum geht Hefe auf? Warum wird Brot knusprig? Wie beeinflussen Temperatur, Salz, Zucker oder Fett die Gärung? Aber auch: Wie kalkuliere ich Preise für Backwaren? Wie plane und optimiere ich Arbeitsabläufe? Auf diese und ähnliche Fragen wollte sie Antworten haben – und fand sie.
Am vergangenen Wochenende wurde Lynn Pommerien zur Besten der Besten ihres Handwerks gekürt. Wie es nun weitergeht, weiß die frisch gebackene Meisterin allerdings noch nicht. „Ich sondiere den Markt, will nicht vorschnell etwas annehmen“, sagt sie. Also erstmal kleine Brötchen backen. Planlos klingt das nicht – ganz im Gegenteil. Denn ein Bäcker kann nur so gutes Brot backen, wie das Mehl ist.
(Texte: Tobias Welz, erschienen in "Hannoversche Allgemeine Zeitung" und "Neue Presse" am 13. September 2025)
Beste ihres Fachs 2025: Bäckermeisterin Lynn Pommerien.
Beste Meisterinnen und Meister 2025:
Maßschneidermeisterin Anika Baum, Ortopädieschuhmachermeisterin Clara Sophia Böcker, Schornsteinfegermeisterin Rieke Bößling, Friseurmeister Julian Marius Engelmann, Maurer- und Betonbauermeister Simon Fischer, Kraftfahrzeugtechnikermeisterin Simona Gerlach, Maler- und Lackierermeisterin Annika Giesemann, Zimmerermeister Luca Elias Paul Gosslar, Orthopädietechnikermeister Cornelius Loy, Zahntechnikermeisterin Malia Welzin, Elektrotechnikermeister Sönke Pingel,Bäckermeisterin Lynn Elisabeth Pommerien, Gebäudereinigermeister Marcus Riedel, Hörakustikermeisterin Johanna Rohland, Augenoptikermeisterin Lara Marie Anne Rothemann, Feinwerkmechanikermeister Benjamin Schmidt, Installateur-und Heizungsbauermeister Roman Schmökel, Kälteanlagenbauermeister Frederik Stiegen, Zimmerermeister Lennart Thamm.